Dort taucht sie überraschend im anspruchslosen Leben ihrer Schwester Stella auf, um noch einmal einen Neuanfang zu wagen. Heimatlos geworden hat sie nichts im Gepäck als die bizarre Vergangenheit ihres gesellschaftlichen Abstiegs. Seine Etappen sind der Verlust des alten Familiengutes und der Anstellung als Lehrerin in Folge ihrer Liaison mit einem Schüler. Eine Konstellation mit Kollisionskurs bahnt sich an, als Blanche realisiert, welchen Weg ihre Schwester eingeschlagen hat: zu unterschiedlich sind die Biographien und die Ansichten beider über das, was sie
vom Leben erwarten.
Da Blanche an ihrem Idealismus und an ihren Lebenstraumutopien immer festgehalten hat, gerät sie zunehmend in Konflikt mit Stellas grobschlächtigen und präpotenten Mann Stanley. Blanche wirft ihrer Schwester vor, sich in sexueller Abhängigkeit zu ihm einem banalen Leben und einer triebgesteuerten
Beziehung ausgeliefert zu haben. Stanley wiederum sieht sich durch Blanches Maske aus Vornehmheit und Extravaganz herausgefordert. Die von Blanche forcierte Beziehung mit seinem Freund Mitch (als ‚Anker’ für ihr rastloses Leben) hintertreibt er, indem er Blanches Vergangenheit gegen sie in Stellung bringt. Von beiden in die Enge getrieben, flüchtet sich Blanche zunehmend in Traumgespinste. Schließlich wird sie – stigmatisiert als Nymphomanin – das Opfer von Stanleys sexueller Gewalt, während Stella ihr Kind entbindet.
Für Claudia Bauer, die ihre dritte Inszenierung an den Wuppertaler Bühnen erarbeitet (nach Im Dickicht der Städte und Macbeth), zählt Endstation Sehnsucht nicht zu den Stücken naturalistischer Prägung. Sie und ihr Ensemble folgen der symbolgeladenen und von einem psychologischen Realismus sich entfernende Dramaturgie Williams’, die Kritiker als ‚Southern Gothic’ oder ‚Magischen Realismus’ bezeichnet haben. Gleichwohl wird aber die äußerst komplexe und feinsinnige Psychologie der Figuren in ihrer Heutigkeit verstanden und inszeniert. Denn was könnte aktueller sein als Menschen mit Lebensentwürfen, die sich selbst und untereinander im Konflikt zwischen Pragmatismus und Illusionismus, Freiheitswunsch und Sicherheitsbedürfnis, Möglichkeits- und Wirklichkeitssinn aufreiben; die in der Lebensführung des anderen eine Bloßstellung ihrer eigenen unterdrückten Träume und Sehnsüchte empfinden.
Inszenierung: Claudia Bauer
Bühne und Kostüme: Patricia Talacko, Bernd Schneider
Musik: Smoking Joe
Dramaturgie: Sven Kleine
Mit: Sophie Basse, Holger Kraft, Amber Schoop, Claudia Schulz, Anne-Catherine Studer, Götz Vogel von
Vogelstein, Hendrik Vogt, Lutz Wessel, Marco Wohlwend
Weitere Vorstellungen sind am 01. / 03. / 17. und 24. März 2012 im Opernhaus.