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Landestheater Linz: RIGOLETTO von Giuseppe Verdi

Premiere 22. September 2012, 19.30 Uhr im Großen Haus. -----

Nie (wieder) war er so genialisch populär. Als Giuseppe Verdi in Rigoletto dem Herzog von Mantua die Kanzone „La donna è mobile“ auf den Leib schrieb, wurde aus dem willkürlich richtenden Machtmenschen und einschmeichelnden Frauenversteher mit nur einem kleinen Liederl der Repräsentant der italienischen Oper schlechthin, dessen launiges Lamento über die vermeintliche Untreue der Frauen von jedem Vorstadt-Gigolo zwischen Mailand und Palermo nachgeträllert werden konnte – wenngleich ohne den tenoralen Glanz von Caruso & Co!

Nicht weniger populär, aber von geheimnisvollerer Schönheit war und ist der zweite „Hit“ der Oper, Gildas große Arie „Caro nome“, mit der sie den Namen (Gualtier Maldè) des jungen Studenten preist, der ihr sein Herz zu Füßen gelegt hat; weder weiß sie, dass hinter dem „povero“ der Herzog selber steckt, noch ahnt sie, dass dessen Höflinge sie nur wenig später gewaltsam in den Palast entführen werden, den sie erst „in Schande“ (oder gar geschändet?!) an der Seite ihres erfolglosen Beschützer-Vaters wieder verlassen wird … Doch wer da glaubt, dieses Trauma könne sie von ihrer abgöttischen

Liebe zu dem Duca abbringen, ist ein Narr. Und heißt: Rigoletto.

Dessen Tragik ist hinlänglich bekannt. Am Tag – als Hofnarr im Dienste des Herzogs – verspottet er die gehörnten Ehemänner, die die unersättliche Fleischeslust des Herzogs in Scharen hervorbringt, in der Nacht wacht er wie eine ängstliche Amme über seine Tochter Gilda und wünscht sich nichts sehnlicher, als dass sie auf ewig rein (und unberührt!) bleiben könnte, für immer (s)ein Kind! Doch dann trifft „das Kind“ beim Kirchgang der Blick eines jungen Mannes (Gualtier Maldè), der mit Vergnügen (und Gefühl!) aller Unschuld den Garaus machen wird. Dem Vater wird die Tochter physisch wie psychisch entrissen. Das darf nicht sein. Der Verführer muss sterben, und sei es durch einen bezahlten Auftragsmörder …

Obgleich Rigoletto, Verdis am 11. Juli 1851 am Teatro La Fenice in Venedig uraufgeführte erste Meisteroper, mit der Stoffwahl von Victor Hugos Drama „Le Roi s’amuse“ großen politischen Mut bewies und die Grausamkeit und Verlogenheit absolutistischer Willkürherrschaft entschlossen demaskierte, sind Szenen und Charaktere weit davon entfernt, ein politisch korrektes Melodram zu präsentieren, in dem die Rollen von Gut und Böse klar verteilt wären. Wichtiger als der moralische Zeigefinger war Verdi das Mitgefühl mit Rigoletto, seinem tragischen Helden, der sich, durch äußere Zwänge und innere Obsessionen, in seinem Albtraum so verfängt, dass ihm der eigene Racheplan zum Fluch wird: Gilda, seine Tochter, und nicht der Herzog ist zu böser Letzt die „Leiche im Sack“, Gilda, die sich mit ihrem Opfertod für den Geliebten dem Vater endgültig entzog.

Die Inszenierung. Im Zentrum der Neuinszenierung von Intendant Rainer Mennicken steht somit nicht der gesellschaftskritische Impetus, sondern vielmehr der Psychologe und Romantiker Verdi, der seine Figuren in einem Netz aus widerstreitenden Wünschen einfängt, dessen gewaltsames Zerschneiden (durch Rigoletto) nur in der Katastrophe münden kann. Diese ist ästhetisch allerdings veredelt: Die opulente Bildwelt der Bühne feiert das Begehren und zitiert erotische Szenen aus Antike und Renaissance (Bühne: Stefan Brandtmayr), die fantastischen Kostüme (Cornelia Kraske) veranschaulichen die surrealen Abgründe in Rigolettos ausweglosem Albtraum. Und Ingo Ingensand als

Musikalischer Leiter des Opernensembles wie des Bruckner Orchesters Linz wacht mit Sorgfalt und „passione“ über die Balance aus Lyrischem und Dramatischem, die Verdi so großartig auskomponiert hat: vom Fluch Monterones über „La donna è mobile“ und „Caro nome“ bis hin zum traumschönen Quartett im 3. Akt, in dem der Herzog, Rigoletto, Gilda und Maddalena (des Mörders Komplizin, die sich auch in den Herzog „verguckt“ hat) sich in ihren Gefühlen zugleich offenbaren und verbergen, zum falschen Zeitpunkt „richtig“ lieben und sich deshalb in diesem Leben auf immer verpassen …

Wolfgang Haendeler

Libretto von Francesco Maria Piave

nach dem Versdrama Le Roi s’amuse von Victor Hugo

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Musikalische Leitung Ingo Ingensand / Takeshi Moriuchi

Inszenierung Rainer Mennicken

Bühne Stefan Brandtmayr

Kostüme Cornelia Kraske

Choreografie Martin Dvořák

Dramaturgie Wolfgang Haendeler

Der Herzog von Mantua Pedro Velázquez Díaz / Jacques le Roux

Rigoletto, sein Hofnarr Seho Chang / Gérard Kim

Gilda, dessen Tochter Gotho Griesmeier / Myung Joo Lee / Mari Moriya

Graf von Monterone Horst Lamnek / Melih Tepretmez

Graf von Ceprano Leopold Köppl / Ulf Bunde / Ville Lignell

Die Gräfin, seine Gemahlin Alexandra Diesterhöft / Danuta Moskalik

Marullo, ein Kavalier Franz Binder / Marius Mocan

Borsa, ein Höfling Csaba Grünfelder / Hans-Günther Müller

Sparafucile, ein Auftragsmörder Nikolai Galkin

Maddalena, seine Schwester Katerina Hebelkova / Martha Hirschmann

Giovanna, Gildas Gesellschafterin Joanna Müller / Vaida Raginskyté

Ein Gerichtsdiener Andrzej Ulicz / Siegfried Dietrich

Ein Page Alexandra Diesterhöft / Danuta Moskalik

Opernchor des Landestheaters Linz

Statisterie des Landestheaters Linz

Tänzerinnen und Tänzer der Anton Bruckner Privatuniversität

Bruckner Orchester Linz

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