Bevor im März Das Rheingold im MusiktheaterPremiere hat, kommt schon jetzt eine Annäherung an die „Ring“-Tetralogie der besonderen Art auf die Bühne des Großen Hauses: Richard Wagners „Ring“ in einer Version fürs Tanztheater.
Nach der gefeierten Uraufführung am Theater Trier in der vergangenen Spielzeit ist Birgit Scherzers zwar gewagtes, doch umjubeltes Experiment nun mit der Company des TLT als Österreichische Erstaufführung zu erleben.
Aus Wagners monumentalem Werk wählten Birgit Scherzer und der Dramaturg Peter Larsen Episoden um Rache, Machtmissbrauch, scheinbare Täuschung und Befehlsverweigerung und verbanden diese zu einem spannenden – auch für den nicht ringfesten Zuschauer nachvollziehbaren – Tanzabend mit klarer Bildsprache. Dabei bedienten sie sich des „Tricks“, die so entstandene Geschichte um die doch so menschliche Götterfamilie aus der Sicht der Brünnhilde zu erzählen.
Die rhythmische Diktion, Puls und Melos der Deklamation unter dem übergreifenden Gestaltungsprinzip der „Unendlichen Melodie“ und insbesondere die Leitmotive weisen ein erhebliches plastisches-gestisches Potential auf. Die Musik Wagners fordert szenische Aktion und mithin Tanztheater geradezu heraus.
Unter dieser Voraussetzung barg eine tänzerische Umsetzung des RING weniger Risiken, als dies auf den ersten Blick erscheinen möchte; die Musik erwies sich vom Standpunkt der Choreographie aus als äußerst viel versprechend. Schwieriger war die Frage der Reduktion zu lösen. Die dramatische Substanz musste dabei ebenso erhalten bleiben, wie die musikalische Logik. So entstand das Konzept um die Protagonistin Brünnhilde. Schuld und Verhängnis, Glückverheißung und Verrat, Liebe und Leid wird aus der Perspektive der Walküre vorgeführt.
Die Konzentration auf ihr inneres Erleben, ihre Träume und Traumata und die Beschränkung auf Ereignisse, die sie aus ihrem Blickwinkel wahrnehmen kann, lassen die Handlung von Wagners RING in neuem Licht erscheinen. Die erstaunlichste Erfahrung bei dieser Vorgehensweise war, dass die dramatische Logik der RING-Musik auch nach der Neumontage erhalten blieb und sich darüber hinaus sogar neue gedankliche Verknüpfungen ergaben. Vielleicht wird auf diese Weise - so das Ziel der Bemühungen – einiges, was bislang im RING verborgen lag, „dem vollkommenen kunstempfänglichen Menschen, dem nicht nur hörenden, sondern auch sehenden, erst verständlich.“
(Peter Larsen)
Der Held, der bei Wagner den Gedanken der Freiheit verkörpert, heißt Siegfried. Er bringt quasi ein märtyrerhaftes Selbstopfer. Er ist zum Sterben bestimmt, nachdem er Brünnhilde – ohne sein Wissen – verraten hat. Bei Wagner ist das das Signal für den Untergang. Die eigentlich „Freie“ ist aber Brünnhilde, weil sie die einzige ist, die Wotans Machtsystem offen Widerstand leistet. Brünnhilde macht eine große Entwicklung durch. Sie tauscht ihre Göttlichkeit gegen die Liebe und Sterblichkeit bis zur Selbstaufgabe.
Birgit Scherzer
Choreographie & Inszenierung – Birgit Scherzer
Bühne – Gerd Hoffmann
Kostüme – Alexandra Bentele
Mit:
Brünnhilde…………………. Julia Charlotte Rinsche
Wotan………………………. Benito Marcelino
Siegfried……………………. David Scherzer
Andrea Briody, Constanze Korthals, Maria Peniaz, Martine Reyn, Marie Stockhausen; Andrea Bibolotti, Adam Dembczynski, Michal Douša, Simon Herm, Enrique Gasa Valga, Sebastian Uske
Weitere Vorstellungen:
Oktober: 30.
November: 7., 8., 14., 20., 29.