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Österreichische Erstaufführung: WIR SIND HUNDERT (VI SOM ÄR HUNDRA) Von Jonas Hassen Khemiri am Landestheater Linz

Premiere 19. Jänner 2012 um 20.00 Uhr im Eisenhand. -----

 

Alles ist möglich! Dieses Lebensgefühl prägt unsere Zeit. Das Leben muss frei und selbstverwirklicht gestaltet werden. Dafür gibt es unendlich viele Möglichkeiten. Aber trotzdem nur EIN Leben. Wie sich entscheiden?

 

In Wir sind Hundert, uraufgeführt am 18. September 2009 am Stadsteater Göteborg, kämpfen drei junge Frauen um den perfekten Lebensentwurf: Die eine sucht das Leben in einer Familie. Die andere versucht das Leben eines Revolutionärs. Doch schließt dieser Lebensentwurf nicht die Sehnsucht nach Liebe aus? Die dritte will ihre (innere) Ruhe. Aber kann diese neben der Geschwindigkeit der Ereignisse bestehen? Es sind drei Leben, die nicht unterschiedlicher sein können und doch eines gemeinsam haben – die Suche nach ein bisschen Glück.

 

Jonas Hassen Khemiri hinterfragt unsere sich ständig wandelnde Welt, in der Worte ihre Botschaften verlieren, mehr und mehr zu Hülsen werden und im Meer der Möglichkeiten es schon passieren kann, dass dem Menschen die Wirklichkeit entgleitet. Dabei nimmt er sich grundlegende Fragen der Identitätssuche vor. Wortgewaltig und pointiert spürt er den Brüchen und Widersprüchen nach und entdeckt Risse, die unsere Konstruktion von Identität schmerzhaft in Frage stellen.

 

„Mein Stück Wir sind Hundert ist aus einem Gefühl entstanden, das mich angesichts meines 30. Geburtstags überfiel. Ich bemerkte, dass ich unterschiedliche Stimmen in mir habe. Ein 15-jähriges Ich, das lieber nicht aufgehört hätte, zu demonstrieren, ein 60-jähriges Ich, das anfing unruhig zu werden, weil ich immer noch nicht die Liebe gefunden und keine Kinder habe. Diese Stimmen gingen mir im Kopf herum, während ich schrieb. Eine Sache, die dann geschah, war die Invasion Israels in Gaza. Ich saß die ganze Nacht über wach und sah all die Bilder mit allzu kleinen Leichensäcken, eingewickelten Kindern und einer Menge Widerlichkeiten. Die ganze Idee, mich um mein Stück und um Jonas Hassen Khemiri zu kümmern, fühlte sich total überflüssig an. „Hier sitze ich mit meinen Worten? Was mache ich eigentlich?“ Letztendlich drehte sich das Stück viel um Engagement. Was ist politisches Engagement? Wir wird man ein politisches Subjekt? Wie kann man sich dessen bewusst sein, was in der Welt geschieht und gleichzeitig sitzt man aber in dieser sicheren Wörterwelt. Der Ausgangspunkt des Stückes liegt darin, dass es eine Person gibt, die in drei gespalten ist. Und während dieser Wochen der Invasion in Gaza hörte ich eine jüngere Version von mir sagen: „Scheiß drauf, dieses Stück zu schreiben. Jetzt zieh’n wir los und machen andere Sachen“. Die Personen des Stücks zerbrechen sich den Kopf über die gleichen Sachen wie du und ich. „Wie sollen wir mit dieser Welt umgehen?“ Sie streiten, mitunter schlagen sie sich und mitunter töten sie einander. Ich habe diese verschiedenen Stimmen in mir und mitunter sollte ich einige von ihnen töten wollen, um eine deutliche Richtung zu bekommen, wo es mit mir hingehen soll. Aber ich bin in deutlichen Richtungen nicht so gut.“ (Jonas Hassen Khemiri)

 

 

JONAS HASSEN KHEMIRI

 

Der 1978 in Stockholm geborene Jonas Hassen Khemiri, Sohn einer Schwedin und eines tunesischen Vaters studierte zunächst internationale Wirtschaftswissenschaften in Paris und schloss dann sein Literaturstudium an der Universität von Stockholm ab. Sein Romandebüt Das Kamel ohne Höcker, bei dem er ein konstruiertes Schwedisch benutzte, um die Sprache und Macht zu problematisieren, wurde mit dem renommierten Borås-Tidnings-Debütpreis und dem Preis für das erfolgreichste schwedische Taschenbuch des Jahres 2004 ausgezeichnet. 2006 wurde er mit dem Per-Olov-Enquist-Preis geehrt. Auch sein zweiter Roman Montecore: Ein Tiger auf zwei Beinen wurde von den Kritikern mit Lob überschüttet. 2006 debütierte er als Theaterautor mit seinem Stück Invasion, das am Stadttheater Stockholm, über zwei Spielzeiten vor ausverkauftem Haus lief und mit dem er sich international einen Namen machte.

 

Inszenierung Katharina Schwarz

Bühneneinrichtung und Kostüme Georg Lindorfer

Raum Florian Parbs

Dramaturgie Elke Ranzinger

 

 

Besetzung

1 Marion Reiser

(spielt ebenfalls: Arthur, Die Lebensgefährtin, Kritischer Konferenzteilnehmer)

 

2 Angela Šmigoc

(spielt ebenfalls: Die Lebensgefährtin, Das Kind, Arthur)

 

3 Barbara Novotny

(spielt ebenfalls: Arthur, Die Geliebte, Der Zug-Mann, Das 20-Sekunden-Mädchen, Konferenzteilnehmer)

 

 

 

 

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