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STARK MYTHOLOGISCH GEDEUTET - "Rusalka" von Antonin Dvorak mit dem Theater Heidelberg im Theater HeilbronnSTARK MYTHOLOGISCH GEDEUTET - "Rusalka" von Antonin Dvorak mit dem Theater...STARK MYTHOLOGISCH...

STARK MYTHOLOGISCH GEDEUTET - "Rusalka" von Antonin Dvorak mit dem Theater Heidelberg im Theater Heilbronn

am 4.2.2023

In der Inszenierung von Axel Vornam werden die mythologischen Aspekte dieses im Jahre 1901 in Prag uraufgeführten Werkes konsequent herausgearbeitet. Und auch im Bühnenbild von Tom Musch und den Kostümen von Cornelia Kraske gibt es keine Brüche. Die Wassernixen und der Wassermann sind als schemenhafte Gesichter in tanzenden Wellen sichtbar - und die runde Bühne deutet mit langen Tüchern das Seegestade an.

 

Copyright: Jochen Klenk

Auch in der Mondscheibe ist der Prinz zu sehen. Man kann erahnen, wie Rusalka hier den Prinzen auf dem Wasser trägt, der im See badet. Sie wird auf einer Schaukel an geheimnisvollen Seilen heruntergelassen. Für Anhänger des modernen Regietheaters wirkt hier manche Szene vielleicht zu plakativ. Aber alles passt zur Handlung und vor allem zur leidenschaftlichen Musik von Dvorak.

Dem Wassermann erzählt Rusalka ihr Leid, denn sie liebt den Prinzen, obwohl sie eine Nixe ist. Als ihr der Wassermann warnend von ihrem Vorhaben abgeraten hat, bittet sie die Hexe um Hilfe. Diese verwandelt sie in ein schönes Mädchen. Im zweiten Akt wird das Schloss bei der Inszenierung nur angedeutet, auf dem Rusalkas Hochzeit mit dem Prinzen stattfindet. Das Küchenpersonal erzählt, dass die Liebe des Prinzen bereits erloschen sei. Er wende sich einer fremden Fürstin zu. Der Wassermann sagt dem treulosen Prinzen sein baldiges Ende voraus.

Auf der Bühne sieht man dann tatsächlich, wie Rusalka wie ein Irrlicht umherschwirrt. Die Hexe fordert sie auf, den Prinzen zu töten, dann hätte sie ihren verlorenen Frieden wieder. Der in Schwermut verfallene Prinz sucht nun wieder nach Rusalka, die plötzlich aus den Fluten auftaucht.  Doch er lässt sich nicht davon abhalten, sie zu küssen, obwohl sie ihn gewarnt hat. Er sinkt dann tot zu Boden.

Die Inszenierung fängt am Schluss den berührenden Augenblick der Liebe in farbenreichen Bildern ein, der Zuschauer schwankt hier immer wieder zwischen Realität und Fiktion (Video: Stefan Bischoff). Auch musikalisch kann diese Aufführung überzeugen, denn der Dirigent Dietger Holm arbeitet die Leitmotive mit dem Philharmonischen Orchester Heidelberg überzeugend heraus.  Dabei bricht das böhmische Temperament zwischen den Einflüssen von Brahms und Wagner wiederholt in erfrischender Weise durch.

Insbesondere das unheilvolle Drohen des Wassermanns wird von Wilfried Staber mit voluminösem und ausdrucksstarken Bass betont. Dies zeigt sich nicht nur beim drohenden Ausdruck "Wehe!" Die unterschiedlichen Stimmungen  und der Klangfarbenreichtum des ersten Aktes werden von Dietger Holm in bemerkenswerter Weise betont - und auch die dramatischen dynamischen Steigerungen kommen nicht zu kurz.

Ilona Krzywicka (Sopran) als Rusalka lässt ihren Monolog "Gleitender Mond, du, so silberzart" in filigranen Kantilenen erstrahlen. Die Choreografie von Eric Rentmeister fängt die rauschhafte Emphase der ritterlichen Festmusik gekonnt ein, wobei der Chor des Theaters Heidelberg mit gesanglicher Leuchtkraft fesselt. Jordanka Milkova (Alt) ist eine furiose Hexe, die die grotesken Elemente ihrer Rolle betont. Als Prinz gefällt ferner Nena Cica (Tenor) mit höhensicheren Spitzentönen, während die fremde Fürstin von Sarah Marie Kramer (Sopran) mit leidenschaftlicher Emphase interpretiert wird. Rusalkas Klage "Verstoßen von euch" gelingt Ilona Krzywicka ergreifend. Und das Parlando des von Vera Semieniuk prägnant verkörperten Küchenjungen prägt sich stark ein.

In weiteren Rollen gefallen Ipca Ramanovic als Jäger sowie Elina Junghyun Kim, Vera Semieniuk und Kylee Slee als erste, zweite und dritte Elfe, die manchmal ganz entfernt sogar an Wagners "Rheintöchter" denken lassen. Dietger Holm macht als Dirigent mit dem Philharmonischen Orchester Heidelberg  deutlich, dass Dvoraks großer Klangsinn an Smetana geschult ist. Neben der unverfälschten Melodie besticht hier vor allem der elektrisierende Rhythmus. Und der träumerische Zauber der durchsichtigen Harmonien blitzt immer wieder hell auf.  Das Eintönig-Zarte trägt dabei die Singstimmen, die sich allesamt gut ergänzen. Als tönendes Naturidyll imponieren auch die feurigen Tanzweisen.

Stimmungsvolle Schönheit beherrscht das tanzfrohe Nationaltemperament. Präzise Hörnereinsätze verdeutlichen das Prinzenmotiv - und auch der Auftritt Rusalkas fasziniert mit einer melancholisch gestalteten Holzbläsermelodie. Einflüsse von Humperdinck und Tschaikowsky sind ebenfalls herauszuhören. Der Text von Jaroslav Kvapil nach Friedrich de la Motte Fouque, Hans Christian Andersen und Gerhart Hauptmann wird in tschechischer Sprache vorgetragen, was für die rhythmischen Akzente nicht unerheblich ist. Begeisterter Schlussapplaus.
 

 

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