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Theater Chemnitz: "Endstation Sehnsucht" - "Emilia Galotti" - "Privatleben"

3. und 4. Oktober 2008

Tennessee Williams’ „Endstation Sehnsucht“ und Lessings „Emilia Galotti“ eröffnen als Doppelschlag die Spielzeit auf der Großen Bühne.

Parallel auf der Kleinen Bühne eine Uraufführung: „Privatleben“ von der renommierten Autorin Ulrike Syha. Premiere ist ebenfalls am 4. Oktober.

1. Endstation Sehnsucht

Premiere: 03.10.2008

New Orleans. French Quarter. Drückende Schwüle. Bluesmusik weht aus den Bars. An der Straßenecke steht Blanche DuBois, soeben einer alten Straßenbahn namens „Sehnsucht" entstiegen, verwirrt und verloren. Eine Erscheinung wie aus einer anderen Zeit: Eine Südstaatenlady im Cocktailkleid, die ihr Landgut Belle Rêve verlassen hat, um auf Urlaub zu ihrer Schwester Stella zu fahren.

Allerdings entsprechen diese Umgebung, die kleine Wohnung und vor allem Stellas Ehemann Stanley Kowalski, ein schweißnasser und kraftstrotzender Fabrikarbeiter, ganz und gar nicht Blanches Erwartungen. Ein Entsetzen, das sie nicht verbirgt. Dennoch zieht sich ihr Besuch immer mehr in die Länge: Aus dem Urlaub werden Monate, und auf engstem Raum explodieren die Konflikte. Schicht um Schicht zerreiben sich die Figuren, und mit der Zeit scheint mehr und mehr an Blanches Leben nicht so zu sein, wie sie es darstellt - nicht die Vergangenheit, und auch nicht die Gegenwart.

Stanley Kowalski wird Blanches größter Gegner: Der selbstsichere Realist und die verblasste Lady - zwei Extreme, die sich abstoßen, und die sich dennoch unaufhaltsam umkreisen. Bis es schließlich zur Auseinandersetzung kommt ...

 

„Endstation Sehnsucht" (1947) brachte Tennessee Williams den Pulitzer-Preis und erlangte bald den Rang eines modernen Klassikers. Williams’ Drama um verdrängte Wünsche und große Sehnsüchte zeigt zutiefst ambivalente Figuren, die sich einer einfachen Beurteilung in Gut oder Böse entziehen wie wenige andere. Unerbittlich kämpfen sie um das Gelingen ihrer Hoffnungen und Sehnsüchte - weil es sonst keinen gibt, der es für sie tun würde. Dabei aber verlieren sie einiges aus dem Blick: Die Wahrheit, die Realität - und auch die Menschen, die ihnen vielleicht helfen könnten.

 

Deutsch von Helmar Harald Fischer

Inszenierung: Enrico Lübbe

Bühne: Hugo Gretler

Kostüme: Sabine Blickenstorfer

Dramaturgie: Torsten Buß

mit: Susanne Stein (Blanche DuBois), Julia Berke (Stella Kowalski), Urs Rechn (Stanley Kowalski), Wenzel Banneyer (Harold Mitchell), Annett Sawallisch (Eunice Hubble), Dirk Lange (Steve Hubble), Edgar Eckert * (Pablo Gonzales), Bernd-Michael Baier (Arzt), Franziska Wulf * (Krankenschwester), Jannik Nowak * (Kassierer)

* Studenten der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig, Studio Chemnitz

 

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2. Emilia Galotti

Premiere: 04.10.2008

Das bürgerliche Mädchen Emilia Galotti ist mit dem Grafen Appiani verlobt. Doch auch der Prinz von Guastalla begehrt die junge Schöne - sie soll seine neue Mätresse werden. Er bedient sich der Intrigen seines Kammerherrn Marinelli, der den Grafen durch einen inszenierten Überfall aus dem Weg räumen und Emilia unter dem Vorwand der Rettung in Guastallas Schloss bringen lässt. Die Noch-Geliebte, Gräfin Orsina, wittert Gefahr durch die potentielle Nachfolgerin und versucht deren Vater, Odoardo Galotti, zum Rachemord am Prinzen zu überreden. Galottis Ehrbegriff aber verabscheut die am Hof übliche Heimtücke; stattdessen will er seine Tochter dem Kloster anvertrauen. Sein Gesuch erntet allerdings nur den beißenden Spott des Herrschers. Langsam durchschaut auch die junge Emilia die Intrigen. Sie fürchtet um ihre Ehre, kann sie doch in ihrer Unerfahrenheit den Verführungskünsten des Prinzen nicht viel entgegensetzen, und erfleht von ihrem Vater den Tod. Verzweifelt verhilft Galotti dem geliebten Kind zum Sterben.

 

Lessing, der „Aufklärer" unter den Klassikern, schenkt 17 Jahre vor der französischen Revolution dem Braunschweiger Hoftheater die Uraufführung des Stückes um Intrige, Attentat und väterlichen Ehrenmord auf Verlangen. Die Zeit ist aus den Fugen, die Gegensätze zwischen dem absolut herrschenden Adel und der neuen Kraft des Bürgertums lassen ethische und moralische Konflikte offen zutage treten und verlangen geradezu nach künstlerischer Widerspiegelung. Lessings Position als Aufklärer ist zwar kaum als eine einseitig revolutionäre zu bezeichnen. Dennoch war es in der Vergangenheit durchaus üblich, eine klassenstrukturierte Einbahnstraße zu interpretieren, die von der überkommenen adeligen Gesellschaft über „Noch-Hindernisse" zur modernen, vielleicht etwas zu naiv vorgedachten bürgerlichen Gesellschaft führen sollte.

 

Inszenierung: Thomas Bischoff

Ausstattung: Uta Kala

Dramaturgie: Karl-Hans Möller / Matthias Huber

 

mit: Daniela Keckeis (Emilia Galotti), Marius Marx (Odoardo Galotti), Ulrike Euen (Claudia Galotti), Bernhard Conrad (Prinz von Guastalla), Michael Pempelforth (Marinelli), Karl Sebastian Liebich (Graf Appiani), Claudia Kraus (Gräfin Orsina), Nikolaus Barton (Conti), Sebastian Tessenow * (Pirro), Michael Ruchter * (Angelo)

* Studenten der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig, Studio Chemnitz

 

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3. Privatleben

Premiere: 04.10.2008

ER und SIE lernen sich mehr aus Zufall kennen: In einem Zug, einem der meist genutzten Fortbewegungsmittel flexibler Lebenskultur, begegnen sich die beiden zum ersten Mal. SIE versucht gerade per Handygespräch, ihr Privatleben in den Griff zu bekommen. Die Beziehung zu ihrem Professor, der verheiratet ist, aber nicht im Geringsten an eine Scheidung denkt, gestaltet sich zunehmend auswegloser. ER ist unterwegs zu einem wichtigen Geschäftstreffen und hat schon Jahre zuvor für sich beschlossen, dass er kein Privatleben mehr braucht. Die in einer Beziehung unnötig verbrauchten Energien glaubt er an anderer Stelle gewinnbringender einsetzen zu können.

 

Am Aussteigebahnhof treffen sie sich unerwartet im einzigen Restaurant am Platz wieder: Sie trinken ihre Sehnsüchte zusammen unter den Tisch und realisieren erst zu spät, dass sie nicht zusammen ins Hotel hätten gehen sollen. Ihre Wege trennen sich so schnell, wie sie sich kurz kreuzten. Und doch werden sie einander nicht mehr so recht los ...

 

Mit Einfühlungsvermögen und feinem Humor stürzt die Autorin Ulrike Syha ihre Figuren in immer neue kritische Situationen, aus denen sie scheinbar nie als Gewinner hervorgehen. Sie befinden sich auf einer nicht enden wollenden Zielgeraden zur Verwirklichung ihrer Lebensvorstellungen und schlittern dabei nur zu häufig an dem vorbei, was sie ihrem persönlichen Glück vielleicht näher bringen könnte.

 

Ulrike Syha, 1976 in Wiesbaden geboren, studierte Dramaturgie an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig, war Regieassistentin am Schauspiel Leipzig und ist seit 2002 als freie Autorin tätig. Sie erhielt für ihre Stücke zahlreiche Preise, u.a. 2002 den Kleist-Förderpreis für ihr Stück „Autofahren in Deutschland".

 

Auftragswerk der Theater Chemnitz

Inszenierung: Dieter Boyer

Ausstattung: Hugo Gretler

Musik: Martin Arnold

Dramaturgie: Esther Holland-Merten

 

mit: Bettina Schmidt (SIE), Tilo Krügel (ER), Yves Hinrichs (Schaffner 1 / Fussballfreund / Josef / Walther / Pablo /Peter), Caroline Junghanns (Mutter / Hotelfachangestellter /Schaffner 2 / Kellnerin / Larissa / Silke), Bernd-Michael Baier (Kind / Handy / Rainer / Koch / Frau Scheider / Karlas Vater),

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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