Im Mittelpunkt dieser sehr persönlichen Auseinandersetzung mit Kultur, Geschichte und Mentalität unseres südwestlichsten europäischen Nachbarn steht ein Begriff, der für die Identität des portugiesischen Volkes zentral ist: Fado.
„Fado“ bezeichnet nicht nur ein Musikgenre, eben jene melancholischen Lieder, die seit über zweihundert Jahren in den Kneipen Lissabons und Coimbras vorgetragen werden und die von Liebe und Sehnsucht erzählen. Auch wird dem Begriff seine wörtliche Übersetzung „Schicksal“ nur ansatzweise gerecht. Tatsächlich umfasst „Fado“ eine Weltsicht, die nicht nur alle Portugiesen verbindet, sondern auch eine ganze Bandbreite von Gefühlszuständen zur Folge haben kann: Freude und Hoffnung ebenso wie Trauer und Verzweiflung und, nicht zu vergessen, eine ganz spezielle wehmütig-nostalgische Stimmung, „Saudade“ genannt.
Was es bedeutet, diese großen, universellen Emotionen auf portugiesische Art zu leben, lässt sich kaum in Beschreibungen und Definitionen fassen - wohl aber durch Musik, Poesie und Tanz erfahren. In diesem Sinne entwirft Hugo Vieras Ballett sensibel und bildgewaltig das Portrait eines Landes, das sich durch alle historischen Umbrüche hindurch seine Seele, seinen Fado bewahrt hat.
Bereits mit der Uraufführung seiner Choreographie „Tangos for the affectionate“ in dem zweiteiligen Abend „Carmen meets Tango“ 2007 bei Theater&Philharmonie Thüringen erregte Hugo Viera auch überregional Aufmerksamkeit.
Viera wurde in Lissabon geboren, wo er auch seine Tanzausbildung erhielt. Er tanzte unter anderem beim Portugiesischen Nationalballett, beim Ballett Braunschweig und dem Ballett Karlsruhe sowie bei der Richard Alston Dance Company. Er arbeitete mit diversen Choreografen zusammen, darunter William Forsythe, George Balanchine, Itzik Galili, Vaso Wellenkamp, Rui Horta, Will T. Jones, Pierre Wyss, Antonio Gomes und Olgar Roriz. Sein erstes eigenes Stück choregrafierte er für einen Ballettabend der Stuttgarter Noverre Gesellschaft. Danach kreierte er Stücke für das Ballett Karlsuhe, die Companhia Dança Contemporânea (CeDeCe) und das Braunschweig Ballett. Beim Internationalen Wettbewerb für Choregrafen in Hannover 2006 kam er mit seinem Stück „Duos and trios for lovers and other strangers“ ins Finale, wo er viel Aufmerksamkeit auf sich zog. So choreografierte er danach unter anderem für das Opernhaus Hannover und das Tiroler Landestheater in Innsbruck.