Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Volkstheater Wien: Die besten aus dem osten! - Folge 6: SERbienVolkstheater Wien: Die besten aus dem osten! - Folge 6: SERbienVolkstheater Wien: Die...

Volkstheater Wien: Die besten aus dem osten! - Folge 6: SERbien

26. und 27. Februar 2010l, Hundsturm, Margaretenstraße 166, 1050 Wien

 

Serbien ist immer noch terra incognita, ein weißer Fleck auf der Landkarte Europas. Etwa so klein wie Österreich, präsentiert sich der exjugoslawische Staat nicht weniger vielfältig, vor allem im Hinblick auf die reiche Literatur- und Theaterszene.

Deswegen steht die neue Folge dieses Festivals im Zeichen der Wechselbeziehung Österreich - Serbien. Das Herzstück bildet die grandiose Inszenierung von Die Schwärmer, dem selten gespielten Stück des österreichischen Autors Robert Musil. Der junge serbische Regisseur Miloš Lolić erforscht mit dem Ensemble des Jugoslovenko Dramsko Pozoriste (JDP) aus Belgrad das zeitlose Thema menschlicher Emotionen - Liebe, Eifersucht, Leidenschaft, Verzweiflung und Wut. Mit kühner formaler Strenge und begleitet von melancholischer Musik werden die Untiefen

zwischenmenschlicher Beziehungen gnadenlos ausgelotet, kontrastiert die poetische Inszenierung hart mit der Brutalität menschlichen Seins.

Die Inszenierung wurde beim 43. Belgrader internationalen Theaterfestival 2009 BITEF mit dem Großen Preis ausgezeichnet und setzte sich gegen Produktionen von Robert Lepage und Rimini-Protokoll durch.

Außerdem: Barbi Marković, Germanistin, Clubberin und Thomas-Bernhard-Fan, liest aus ihrem Debüt Ausgehen, einem kunstfertigen Remix von Bernhards Gehen, von den Medien gefeiert als „Tanzflächenfüller des Jahres!"(© Christian Schachinger). Edition EXIL-Preisträgerin Sandra Gugic,

Österreicherin mit serbischen Wurzeln, erzählt die Kurze Geschichte über eine lange Fahrt - das serbische Siegerstück des hiesigen Dramenwettbewerbs „Über Grenzen sprechen". Der große Feierabend von Emilija Andrejević zeigt ironisch-pointiert, was man auf sich nehmen muss, um als Serbe Bürger der EU zu werden. Die junge Regisseurin Katrin Hiller richtet Orangenhaut von Maja Pelević in einer szenischen Lesung als österreichische Erstpräsentation mit Ensemblemitgliedern ein.

 

Und selbstverständlich gibt es serbisches Essen, serbischen Wein und DJs.

Programm 26. Februar: Österreich meets Serbien

19.00 Eröffnung mit Michael Schottenberg und VertreterInnen von

Kulturkontakt Austria, dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten und der Serbischen Botschaft in Wien

19.15 Ausgehen (Izlženje)

Barbi Marković liest gemeinsam mit ihrer Übersetzerin Mascha Dabic aus ihrem vielbeachteten literarischen Debüt, in deutscher Sprache

"Thomas Bernhards wuchtige Erzählung Gehen, 1971 als fünftes Suhrkamp-Taschenbuch erschienen, behexte Leser wie Kritiker gleichermaßen, brachte tiefe Saiten zum Mitklingen. Man ahnte, dass es hier um Unterbewusstes ging, um den 'Gedankenunrat' einer ganzen Generation. ... Jetzt ist der jungen serbischen Autorin Barbi Marković ein Kunststück gelungen: Sie hat Bernhards Vorlage in die eigene Generation überführt - und plötzlich geht sie auf. Aus 'Gehen' wurde 'Ausgehen', eine nahezu Satz für Satz adaptierte Geschichte über die Verzweiflung einer jungen Frau am allabendlichen Clubbing, die dafür nicht pathetisch in die »Irrenanstalt Steinhof« eingewiesen wird, sondern 'sich vor die Glotze geknallt hat, wahrscheinlich endgültig'. Wo es 'Menschenunglück' heißt bei Bernhard, da steht in der von Mascha Dabić meisterhaft übersetzten Belgrader Version 'Clublangeweile', aus der 'Verrücktheit' wird 'Sättigung'. Der Text kommt uns so erschreckend nah." (FAZ)

 

20.00 Sanjari / Die Schwärmer von Robert Musil

Gastspiel des Jugoslovenko Dramsko Pozoriste (JDP), Belgrad

*In serbischer Sprache mit deutschen Übertiteln*

Eine doppelte Dreiecksgeschichte: Anselm hat seine Geliebte Regine, die Frau des Ministerialbeamten Josef, in das Landhaus seines früheren Freundes Thomas entführt. Josef will seine Frau zurückholen. Bei seiner Ankunft hat sich Anselm allerdings längst Thomas' Frau (und Regines Schwester) Marie

zugewandt. Thomas versucht, um Marie zu kämpfen, gibt jedoch auf. Anselm reist ab, Marie folgt ihm. Auch Josef verlässt desillusioniert das Haus. Regine und Thomas bleiben allein zurück. Die äußere Handlung setzt bei Musil ein verschlungenes Gedankenspiel frei, das um den Kampf gegen das

"eigenschaftslose Dasein" kreist und die Auseinandersetzung mit den vielschichtigen Beziehungen zwischen Denken und Handeln, Intellekt und Gefühl, Flüchten oder Standhalten, Einsamkeit und Kommunikation. Seine Figuren sind Träumer, idealistische Schwärmer, beherrscht von der Idee eines

Glücks, das sich nicht erfüllt.

Das dramatische Gegenstück zu Der Mann ohne Eigenschaften und ein Schlüsselwerk der modernen deutschsprachigen Dramatik, 1921 entstanden, 1929 gegen Musils Willen in einer verstümmelten Fassung uraufgeführt und erst 1955 wiederentdeckt.

Diese Inszenierung wurde mit dem „Bitef Grand Prix Mira Trailović" 2009 ausgezeichnet und setzte sich gegen Produktionen von Robert Lepage und Rimini-Protokoll durch.

Regie: Miloš Lolić

Mit: NIKOLA VUJOVIĆ (Thomas), DUBRAVKA KOVJANIĆ (Maria),

VANJA EJDUS-KOSTIĆ / SENA DJOROVIĆ (Regine), GORAN JEVTIĆ (Anselm), FEDJA STOJANOVIĆ (Josef), CVIJETA MESIĆ (Miss Mertens), RADOVAN VUJOVIĆ (Stader), SRDJAN MARKOVIĆ (Pianist)

 

21.45 Buffet, DJ Slavooy Zhizheq Jr.

 

Programm 27. Februar: Autoren-Feature

 

18.00 Der Grosse Feierabend (Veliki Fajront) von Emilija Andrejević

aus dem Serbischen von Klaus Detlef Olof / in deutscher Sprache

Siegerstück des Österreichischen Dramenwettbewerbs „Über Grenzen sprechen" 2006 „Wie weit bist du bereit, dich selbst zu verleugnen?" – Der große Feierabend zeigt junge Serben von heute, zerrissen zwischen gesellschaftlicher Forderung und individueller Entscheidung. Angesiedelt in

einer Fernsehshow werden ihre persönlichen Entscheidungen auch die Reaktionen des Publikums verändern: ’Der erste Preis der Show ist die EU-Staatsbürgerschaft. Die EU wird zur Parabel für die neue Welt, die mit der Globalisierung und dem Siegeszug des Kapitals angetreten ist. (...)’ “ (Christian Papke)

Szenische Lesung / Einrichtung: Katja Knebel

 

18.45 Eine kurze Geschichte über eine lange Fahrt

Sandra Gugic liest aus ihrer preisgekrönten Erzählung / in deutscher Sprache

Autorin Sandra Gugic nahm an Schreibklassen der Schule für Dichtung und des Schauspielhauses Wien/UniT Graz (Leitung: David Spencer) teil, gewann im November 2008 einen Literaturpreis der Edition EXIL/"Schreiben zwischen den Kulturen" für den Prosatext „Eine kurze Geschichte über eine lange Fahrt"

und war im Juni 2009 Stipendiatin des 13. Klagenfurter Literaturkurses im Rahmen der „Tage der deutschsprachigen Literatur/Ingeborg Bachmann Preis". Im Oktober 2009 wurde sie nach Hamburg zum Nachwuchsautoren-Wettbewerb des kulturSPIEGEL eingeladen. 2010 ist sie Stipendiatin der

Autorenwerkstatt der Jürgen Ponto Stiftung (bei Norbert Gstrein) in Edenkoben bei Frankfurt. Sie studiert (seit 2009) Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst in Wien.

 

19.15 Orangenhaut (Pomorandzina kora) von Maja Pelević

aus dem Serbischen von Mirjana und Klaus Wittmann / in deutscher Sprache

Österreichische Erstpräsentation

in Anwesenheit der Autorin

Aus sketchartigen Dialogen, parodistisch aufgeladenen Ratgebersprüchen, Textfetzen aus dem Cyberspace und inneren Monologen entsteht das amüsante und provokative Portrait einer Frau: SIE möchte eine ganz normale Frau sein, ein ganz normales Leben führen. Aber was ist das überhaupt?

Umstellt von Schönheitssalons, Lifestylemagazinen, Ernährungsratgebern jagt sie den verschiedensten Vorstellungen von Weiblichkeit hinterher. Sie zieht als Vamp durch die Clubs und spricht wahllos Männer an, sie heiratet einen Fußballstar, will sich für ihn jung und schön halten und verliert ihn doch an eine

Jüngere und Schönere... Sie wechselt ihre Identitätsentwürfe wie Hemden, ohne je bei sich selbst anzukommen: stets bleiben ihr die angenommenen Frauenbilder fremd. Schließlich aber gibt sie ihrem Leben eine ganz neue Richtung, erklärt die verhasste Orangenhaut zum Symbol von Weiblichkeit und

verkündet selbstbewusst: „Tut alles wie bisher, nur umgekehrt." Szenische Lesung mit Schauspielern des Ensembles / Einrichtung: Katrin Hiller

 

20.30 Sanjari / Die Schwärmer von Robert Musil

Gastspiel des Jugoslovenko Dramsko Pozoriste (JDP), Belgrad

*Spieldauer: ca. 100 min., keine Pause*

*In serbischer Sprache mit deutschen Übertiteln*

 

22.15 Im Anschluss DJ ONDULADA

 

Volkstheater Wien, Hundsturm, Margaretenstraße 166, 1050 Wien

Karten: 10 €, Kombiticket 15 €, Tel. 52111-400, www.volkstheater.at

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 35 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Die ganze Wahrheit? -- „True Crime“ - Andrey Kaydanovskiy | Hege Haagenrud | Demis Volpi in der Deutschen Oper am Rhein

Drei tänzerische Perspektiven zu Wahrheit und Fiktion: Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, Hege Haagenrud „The Bystanders“, Demis Volpi „Non-Fiction Études“  

Von: Dagmar Kurtz

SZENEN OHNE ILLUSIONEN -- "Tosca" von Giacomo Puccini in der Staatsoper Stuttgart

Kann Kunst unsere Wirklichkeit beeinflussen? Diese Frage steht als zentrales Thema im Zentrum der Inszenierung von Willy Decker, dessen Figuren sich in Puccinis "Tosca" in einem schwarzen Kasten…

Von: ALEXANDER WALTHER

RETTET DIE FRAUEN! -- Premiere "Zertretung" von Lydia Haider im Schauspiel Nord STUTTGART

Die 1985 in Oberösterreich geborene Lydia Haider hat hier einen radikalen Text vorgelegt, der zuweilen an Rainald Goetz erinnert. Die zentrale Frage lautet: Wie geht man mit einem System um, das…

Von: ALEXANDER WALTHER

ATEMLOSE HÖHENFLÜGE -- SWR Symphonieorchester mit Busoni und Sibelius im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART

Zwei unterschiedliche Zeitgenossen standen diesmal im Zentrum: Jean Sibelius und Ferrucio Busoni. Immerhin weiß man, dass beide in Helsinki Schumanns Klavierquintett in Es-Dur gemeinsam musizierten.…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑