Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Zum Tod von Gisela SteinZum Tod von Gisela SteinZum Tod von Gisela Stein

Zum Tod von Gisela Stein

Die Schauspielerin Gisela Stein ist am 4. Mai 2009 gestorben.

 

Gisela Stein, am 2.10.1934 in Swinemünde (Pommern) geboren und in Wiesbaden zur Schauspielerin ausgebildet, erlebte nach ersten Engagements in Koblenz, Krefeld und Essen ihre prägenden Jahre an den Staatlichen Schauspielbühnen Berlin, wo vor allem der Regisseur Hans Lietzau ihr Mentor war.

In seinen Inszenierungen von Frischs „Graf Öderland“ und Tschechows „Iwanow“ und „Der Kirschgarten“ spielte sie zentrale Rollen, doch auch bei anderen wichtigen Regisseuren der Zeit war sie Protagonistin: Erwin Piscator, Fritz Kortner, Niels-Peter Rudolph und seit 1970 Dieter Dorn, dem sie 1980 an die Münchner Kammerspiele folgte und so, in 20 Jahren dort und in acht Jahren im Ensemble des Bayerischen Staatsschauspiels, zu einer Größe des Münchner Theaterlebens und einer prägenden Figur des deutschen Theaters wurde. Über Jahrzehnte war sie in fast jeder der großen Dorn-Inszenierung zu sehen: als Protagonistin der großen antiken Tragödien („Die Perser“, „Hekabe“) und der deutschen Klassik („Iphigenie auf Tauris“, „Torquato Tasso“, „Prinz Friedrich von Homburg“), als Shakespeare-Darstellerin („Was ihr wollt“, „König Lear“, „Der Sturm“, „Cymbelin“), in Stücken der klassischen Moderne („Glückliche Tage“) und immer wieder in neuen Stücken von Botho Strauß. Ihre letzten großen Rollen im Residenz Theater waren die Mutter in Genets „Wänden“ (2003), Lissie Kelch in der Uraufführung von Botho Strauß’ „Die eine und die andere“ und die Chorführerin in Euripides’ „Bakchen“. Neben ihrer Arbeit auf der Bühne war Gisela Stein auch eine glänzende Leserin; ihr Herzensprojekt war die Rezitation der Bibel in der Übersetzung von Buber und Rosenzweig.

 

Preise und Auszeichnungen (Auswahl):

Trägerin des Tilla-Durieux-Schmucks 1977

Deutscher Kritikerpreis 1988

Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst 1999

Oberbayerischer Kulturpreis 2001

Hermine-Körner-Ring 2004

Mitglied der Akademie der Künste, Berlin und Bayerischen Akademie der Schönen Künste

 

Dieter Dorn:

„Gisela Stein war in ihrer langen Zeit an den Münchner Kammerspielen und am Bayerischen Staatsschauspiel eine zentrale Figur der Ensembles und verstand sich immer als Ensembleschauspielerin im Dienst des Theaters, dem sie ihr Leben und all ihre viele Kraft gewidmet hat. Wir haben uns in einem ununterbrochenen künstlerischen Streit befunden, positiv und von gegenseitigem Respekt und Zuneigung geprägt. Aus ihm sind alle unsere Versuche entstanden, klassischer und moderner Theaterliteratur gerecht zu werden. Gisela Steins sprachliche Ausdrucksfähigkeit war unvergleichlich, ob in der Versrede der antiken Tragödie oder der wirklichkeitsnahen Sprache zeitgenössischer Autoren. Was die Sprache angeht, sind wir gemeinsam bis zum Äußersten gegangen. Wir haben ein ganzes Leben auf der Bühne verbracht und uns dabei immer aufeinander verlassen können – es fällt schwer, nach einer solchen lebenslangen gemeinsamen Arbeit einzelne Stücke und Rollen hervorzuheben. Die Begegnung mit Gisela Stein war eine der wichtigsten meines Theaterlebens.“

 

 

 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 14 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Die ganze Wahrheit? -- „True Crime“ - Andrey Kaydanovskiy | Hege Haagenrud | Demis Volpi in der Deutschen Oper am Rhein

Drei tänzerische Perspektiven zu Wahrheit und Fiktion: Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, Hege Haagenrud „The Bystanders“, Demis Volpi „Non-Fiction Études“  

Von: Dagmar Kurtz

SZENEN OHNE ILLUSIONEN -- "Tosca" von Giacomo Puccini in der Staatsoper Stuttgart

Kann Kunst unsere Wirklichkeit beeinflussen? Diese Frage steht als zentrales Thema im Zentrum der Inszenierung von Willy Decker, dessen Figuren sich in Puccinis "Tosca" in einem schwarzen Kasten…

Von: ALEXANDER WALTHER

RETTET DIE FRAUEN! -- Premiere "Zertretung" von Lydia Haider im Schauspiel Nord STUTTGART

Die 1985 in Oberösterreich geborene Lydia Haider hat hier einen radikalen Text vorgelegt, der zuweilen an Rainald Goetz erinnert. Die zentrale Frage lautet: Wie geht man mit einem System um, das…

Von: ALEXANDER WALTHER

ATEMLOSE HÖHENFLÜGE -- SWR Symphonieorchester mit Busoni und Sibelius im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART

Zwei unterschiedliche Zeitgenossen standen diesmal im Zentrum: Jean Sibelius und Ferrucio Busoni. Immerhin weiß man, dass beide in Helsinki Schumanns Klavierquintett in Es-Dur gemeinsam musizierten.…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑