Schauplatz von «Aida am Rhein» ist das Rheinufer rund um die Mittlere Brücke und das Grand Hotel Les Trois Rois in Basel. Das Ensemble des Theater Basel mit dem Sinfonieorchester Basel lassen «Aida» aus einem völlig neuen Blickwinkel entstehen.
Mit «Aida am Rhein» wollen die Initianten nochmals die Potenziale der Oper ausloten. Gespielt und gesungen wird live vor Ort rund um die Mittlere Brücke in Basel: im Ballsaal des Trois Rois, auf den Terrassen des Hotels aber auch auf immer wieder am und auf dem Wasser – wie es sich Giuseppe Verdi vorgestellt hat. Bereits für «La Traviata am Hauptbahnhof» und «La Bohème im Hochhaus» gingen das Schweizer Fernsehen und das tv productioncenter zürich (tpc) an die Grenzen des Machbaren. Doch mit dem Einbezug des Elementes Wasser stellt sich das Team um Produzent und Redaktionsleiter Christian Eggenberger nochmals einer neuen Herausforderung, der Unberechenbarkeit der Natur: «Man kann keine besondere Sendung machen, ohne Risiken einzugehen. Der Unsicherheitsfaktor ist dieses Mal das Wasser. Dass man doch nicht alles bis ins Detail planen kann, gehört bei solchen Produktionen zu den Herausforderungen.» Da einige der dramatischsten Szenen auf dem Fluss spielen, müssten die Macher bei Regen oder Hochwasser kurzfristig umdisponieren.
Mit der Inszenierung von «Aida» am Basler Rheinufer schliesst sich der Kreis: Nach dem öffentlichsten Ort der Schweiz, dem Hauptbahnhof Zürich, und einem Hochhaus sowie dem Einkaufszentrum Westside im Berner Gäbelbachquartier bringt das Schweizer Fernsehen nun die Basler Stadtmitte zum Klingen. Danach soll für den Moment Schluss sein mit Operninszenierungen im öffentlichen Raum, so Christian Eggenberger: «Man kann das Aussergewöhnliche nicht zur Regel machen. Deshalb ist ‘Aida am Rhein‘ zumindest vorerst der letzte Opernevent dieser Art.»
Musikalische und gesangliche Topbesetzung
Das Sinfonieorchester Basel – eines der renommiertesten Orchester der Schweiz – hat seinen stimmungsvollen Standort während der Inszenierung im historischen Ballsaal des Hotels. Als Dirigent für «Aida am Rhein» konnte Gabriel Feltz, preisgekrönter Chefdirigent der Stuttgarter Philharmoniker, verpflichtet werden. Die Regie der Inszenierung vor Ort übernimmt Georges Delnon. Für den Intendanten des Theater Basel ist es spannend, die Oper mitten in der Stadt Basel zu inszenieren: «Mit diesem Projekt wird die hohe Emotionalität der Oper ganz konkret Teil unserer Lebensrealität.» Nadja Zonsarowa zeichnet für die Fernsehregie verantwortlich. Für die Livesendung setzen sie die «Aida», die am 14. September am Theater Basel Premiere feiert, völlig neu und mitten in der Stadt Basel in Szene.
Angeles Blancas gibt die Aida. Die international gefragte Sopranistin brillierte am Opernhaus Zürich als Maria Stuarda und als Rachel in «La Juive». An ihrer Seite interpretiert Sergej Khomov den umworbenen Radames. Der russische Tenor ist seit 1996 Ensemblemitglied an der Deutschen Oper am Rhein. Die US-Amerikanerin Michelle de Young ist als Amneris zu sehen und hören. Die Mezzosopranistin begeisterte in der vergangenen Saison an der Los Angeles Opera an der Seite von Plàcido Domingo in «Der Ring der Nibelungen». Bass-Bariton Alfred Walker – in Basel zuletzt in der Titelrolle von «Der Fliegende Holländer» zu erleben – übernimmt die Rolle des äthiopischen Königs Amonasro. Den Oberpriester Ramfis gibt der russische Bass Daniel Golossov, der in verschiedenen Rollen am Opernhaus Zürich gastierte.
Der Rhein wird zum Nil
Nach Zürich und Bern gastiert das Schweizer Fernsehen in diesem Jahr mit dem Opernereignis in Basel. Eine Wahl, die sich einerseits wegen Basels Ruf als Kulturstadt aufdrängte, anderseits bot sich die einmalige Gelegenheit, mit dem als Opernhaus des Jahres 2009 ausgezeichneten Theater Basel zusammenzuarbeiten. Auch das passende Werk stand schnell fest: Verdis «Aida», die in dieser Saison in Basel auf dem Spielplan steht. Und genauso lag der Titel der Produktion auf der Hand: «Aida am Rhein». Spielt sich die Oper im Original an den Ufern des Nils ab, so ist es in der SF-Inszenierung der Rhein, der als Schauplatz für die tragische Liebesgeschichte zwischen Aida und Radames dient.
In der Postkartenszenerie rund um die Mittlere Brücke in Basel erwacht die prachtvolle Welt des ägyptischen Hofes zu neuem Leben. Für die Gemächer des Königspalastes fanden sich in den Terrassen, der Lobby, dem Fumoir oder einer Suite des Grand Hotel Les Trois Rois die idealen Schauplätze. Und immer wieder wechselt die Szenerie auf das Wasser: zum Beispiel in einem der dramatischen Höhepunkte, dem Triumphmarsch, auf ein Frachtschiff, mit dem Radames mit Sklaven nach gewonnenem Krieg über den Nil/Rhein in die Heimat zurückkehren.
«Aida» ist Verdis eigenwilligste, aber auch seine populärste Oper. Das Werk begeistert das Publikum seit seiner Uraufführung am 24. Dezember 1871. Der ägyptische Vizekönig hatte die Oper zur feierlichen Eröffnung des neuen Opernhauses in Kairo (1870) in Auftrag gegeben – und nicht zur Eröffnung des Suezkanals 1869, wie oft behauptet wird.
So oder so verhinderte der deutsch-französische Krieg, dass Kulissen und Kostüme, die in Paris gefertigt wurden, rechtzeitig in Kairo eintrafen. So gab man «Rigoletto» zur Eröffnung des Opernhauses. Die «Aida» feierte nichtsdestoweniger ein Jahr später Triumphe. Verdi war es gelungen, die Sehnsucht nach exotischen Lebensformen und die europäische «Ägyptomanie» des ausgehenden 19. Jahrhunderts in Musik zu verwandeln. Die Handlung findet in eingängigen Melodien ihre Entsprechung, spektakuläre Massenszenen und die romantische Liebesgeschichte begeistern ihr Publikum bis heute.
Hohe technische Ansprüche
Im Einsatz stehen modernste Produktionsmittel und ausgefeilte Technik an mehr als 30 Kamerastandorten zu Wasser, zu Land und in der Luft. Am meisten gefordert sind die Tontechniker: Das Orchester spielt im Ballsaal des Hotels, während sich die meisten Szenen der Oper in einigen 100 Metern Entfernung am und auf dem Fluss abspielen. Die Experten müssen die zahlreichen Kameras und Mikrofone so abstimmen, dass sie trotz unterschiedlicher Verzögerung von Bild und Ton synchron über den Sender gehen. Technisch möglich machen dies unter anderem 15 Kameras, darunter die spektakuläre Spidercam, welche den Rhein überfliegt; 150 Funkgeräte auf zwölf Funkkanälen, 300 Tonkanäle und 70 Profis des tpc. «Die technische Herausforderung ist nie unser primäres Ziel. Diese ergibt sich aus der Inszenierungsidee und der Location im öffentlichen Raum, für die wir uns entscheiden», betont Produzent Christian Eggenberger und fügt gleichzeitig an: «Die Technik ist dann souverän, wenn das Fernsehpublikum zu Hause den Aufwand höchstens erahnen kann.»
«Aida» am TV und live vor Ort
Wie bei den vorherigen Produktionen «La Traviata im Hauptbahnhof» und «La Bohème im Hochhaus» gilt auch bei «Aida am Rhein»: Nur zu Hause am Fernseher ist die Operninszenierung in ihrer Ganzheit erlebbar. Einen ganz eigenen Reiz entfaltet die Oper dagegen für das Publikum vor Ort in Basel: Anders als hoffentlich das TV-Publikum bekommen die Neugierigen mit, welch riesigen Aufwand der Kulturevent vom Fernsehen abverlangt, wenn ein Schiff sekundengenau übersetzen muss, wenn die Terrassen des Hotels während der finsteren Nacht hellerleuchtet sind, um die Solisten bei ihren Arien ins rechte Licht zu rücken. Und vor allem ist auf der Mittleren Brücke der Gesang der Sängerinnen und Sänger bei den Open-Air-Szenen in seiner ganzen Pracht zu hören – a capella. Die Musik des Orchesters, das sich im Ballsaal befindet, darf dagegen nicht nach draussen dringen. Sonst wäre der Tonsalat perfekt. Keinen Zutritt hat das Publikum zu den Schauplätzen im Hotel.
«Aida am Rhein» im Internet
Unter www.aida.sf.tv sind Hintergrundinformationen aufgeschaltet. Das Angebot wird laufend erweitert. Am Abend der Ausstrahlung kann die Oper im Internet live mitverfolgt werden.
«Aida am Rhein» – eine Koproduktion mit RTS, RSI, 3sat und ZDFtheaterkanal – ist bereits das vierte Opernereignis des Schweizer Fernsehens. «Die Zauberflöte auf 2 Kanälen» erhielt 2008 eine Goldene Rose, und «La Traviata im Hauptbahnhof» wurde 2009 gleich mit zwei Tschechischen Kristallen ausgezeichnet. «La Bohème im Hochhaus» erhielt den Prix Walo, der als die wichtigste Auszeichnung im Schweizer Showbusiness gilt. Der Vorspann von «La Bohème im Hochhaus» erhielt die Auszeichnung «Eyes & Ears of Europe» in der Kategorie Kunst und Kultur.
Musikalische Leitung Gabriel Feltz
Regisseur Inszenierung vor Ort Georges Delnon
Moderation Sandra Studer
Solistinnen und Solisten
Aida: Angeles Blancas
Radames: Sergej Khomov
Amneris: Michelle de Young
Ramfis: Daniel Golossov
Amonasro: Alfred Walker
Orchester Sinfonieorchester Basel
Chor Berufs- und Extrachor des Theater Basel
Fernsehregie Nadja Zonsorawa
Redaktionsleitung und Produzent Christian Eggenberger
Produktionsleitung Muriel Bondolfi
Technische Leitung Rolf Allenbach (tpc)
Ton Wilhelm Zürrer (tpc)
Lightdesign Manfred Olma
Koproduzenten RTS, RSI, 3sat, ZDFtheaterkanal
Partner Migros Kulturprozent
Dauer 20.05 Uhr Erster und Zweiter Akt
21.30 Uhr «Tagesschau»
21.50 Uhr Dritter und Vierter Akt
Circa 23.05 Uhr «Aida am Rhein – Das Gespräch»
Livesendung am Freitag, 1. Oktober 2010, 20.05 auf SF 1, TSR 2, RSI La 2, HD suisse und 3sat.
Livestream: www.aida.sf.tv
Am Sonntag, 10. Oktober 2010, circa 23.00 Uhr auf SF 1: Wiederholung «Aida am Rhein» und «Making of».