„Jewels“ ist ein abendfüllendes Ballett im neoklassischen Stil, das keine Handlung hat. Doch „Jewels“ ist ebenso wenig ein abstraktes Ballett, zumindest nicht in den Augen von George Balanchine: „Ballett kann nie abstrakt sein. Ballett ist etwas durch und durch Konkretes, weil man Männer und Frauen sieht, die sich rascher und besser bewegen und besser aussehen als die meisten Menschen“, sagt Balanchine und fragt: „Gibt es etwas Konkreteres?“. Ohne Handlung versehen, will „Jewels“ die Sinne durch eine perfekte Kombination von Musik und Bewegung betören.
Der erste lyrische Teil mit dem Namen „Emeralds“, also Smaragde, zur Musik von Gabriel Fauré soll Balanchine zufolge die Romantik Frankreichs wachrufen mit all ihrer Eleganz, der beindrucken Mode und dem Duft raffinierter Parfums. Führt man diese Logik fort, so könnte der zweite Teil „Rubies“, die Rubinen, für das energiegeladene Amerika der Jazz-Ära stehen. Für diesen Teil wählte Balanchine die feurige Musik von Igor Strawinsky. Zur Musik von Peter I. Tschaikowsky weckt schließlich der dritte Teil „Diamonds“, die Diamanten, Erinnerungen an die Eleganz und Opulenz des Balletts des zaristischen Russlands. Aus dieser Sichtweise betrachtet zeichnet der Abend nicht nur unterschiedliche Abschnitte der Tanzgeschichte nach, sondern im Übrigen auch wichtige Stationen im Leben Balanchines, der aus Russland über Frankreich in die Vereinigten Staaten emigriert war.
George Balanchine liebte die Frauen, sie beherrschen die meisten seiner Choreographien. Die Tugenden seines Tänzerinnen-Ideals heißen Kraft, Schnelligkeit, Präzision und Balance. „Jewels“ stellt diese Tugenden spektakulär aus und zelebriert sie in Form einer Parade der Schönheit. So lautet der wohl berühmteste Ausspruch Balanchines: „Ballet is a woman“. Für Balanchine ist Ballett ein durchweg weiblicher Gegenstand: „Es ist eine Frau. Ein Mann hat es gern, Partner zu sein, ein Beistand, ein Chevalier. Das ist’s, warum Ballett existiert“. Wirkt diese Auffassung heute ein wenig aus der Zeit gefallen, wundert es zugleich aber kaum, dass Balanchine mit vier seiner bildschönen Ballerinen verheiratet war. Und so kann man in „Jewels“ fast schon einen Wettstreit der Tänzerinnen um die Gunst der Zuschauer erkennen, die sich ihrer Virtuosität bedienen, um mit den Mitteln des Tanzes subtil zu flirten, ganz so als ginge es zugleich um den charismatischen Choreographen.
Entstanden in einer äußerst stilvollen Ära, in der Audrey Hepburn auf der Kinoleinwand die Menschen betörte, und Andy Warhol in den Galerien für Aufruhr sorgte, ist „Jewels“ heute längst selbst zu einem zeitlosen Klassiker geworden. Mit einem eigens von Pepe Leal für das Staatsballett entworfenen Bühnenbild und neuen, geschmackvollen Kostümen des spanischen Modeschöpfers Lorenzo Caprile erscheint dieses besonders edle Schmuckstück der Tanzkunst in einem neuem Dekor, das so nur in der Hauptstadt zu sehen ist.
Balanchine, der als Begründer des Neoklassizismus im Ballett gilt, rückte in den Mittelpunkt seiner Choreographien die Musik und den reinen Tanz und beschwor in seinen Choreographien die Tugenden seines Tänzerinnen-Ideals: Kraft, Schnelligkeit, Präzision und Balance. Dies wird bei der Premiere von der ehemaligen Ersten Solotänzerin des Staatsballetts Shoko Nakamura in „Diamonds“ sowie von der Ersten Solotänzerin Iana Salenko in „Rubies“ und den Solistinnen Krasina Pavlova und Aurora Dickie in „Emeralds“ verkörpert.
Im Rahmen seiner Zusammenarbeit mit dem Staatsballett kuratiert Lorenzo Caprile mit Unterstützung von Dorothea Katzer, Kostümdirektorin der Deutschen Oper Berlin, außerdem eine Kostümausstellung. In der großen Halle der Concept Shopping Mall Bikini Berlin werden ab 23. Mai 2016 zwanzig Juwelen der Ballett-Kostümkunst zu bewundern sein. Eröffnet wird die Ausstellung in Anwesenheit des Modeschöpfers und kann anschließend bis 31. Mai 2016 besichtigt werden.
Choreographie : George Balanchine
Musikalische Leitung: Robert Reimer
Bühne: Pepe Leal
Licht: Perry Silvey
Kostüme: Lorenzo Caprile
Einstudierung: Ben Huys, Patricia Neary, Sandra Jennings
Es tanzen: Solisten und Corps de ballet des Staatsballetts Berlin
Mit: Shoko Nakamura
Orchester: Orchester der Deutschen Oper Berlin
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