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Martin Schläpfer präsentiert seinen neuen fünfteiligen Ballettabend "b.15" im Opernhaus Düsseldorf

Premiere am Freitag, 12. April 2013, um 19.30 Uhr. -----

Allein vier Uraufführungen stehen auf dem Programm. Neben „Inclination“ von Regina van Berkel und „Crop“ von Amanda Miller sind zwei Stücke von Tänzern der Compagnie zu erleben, die Martin Schläpfer auch als Choreographen fördert: Antoine Jully bringt mit „Rebound – Topple – Splash“ bereits seine zweite Arbeit für das Ballett am Rhein auf die Bühne, Martin Chaix entwickelt mit „We were right here!!“ erstmals ein Stück für die Schläpfer-Compagnie.

 

Im Mittelpunkt des Abends steht mit „Pond Way“ von Merce Cunningham ein besonderes Debüt für das Ballett am Rhein, ist es doch nicht nur die erste deutsche Compagnie, die dieses Stück einstudiert, sondern auch das erste Mal, dass ein Werk dieses bedeutenden Tanzavantgardisten auf dem Spielplan der Deutschen Oper am Rhein steht. Die 1998 in Paris uraufgeführte Choreographie zählt zu Cunninghams sogenannten „Naturstudien“, ein poetisch-kontemplatives Tanzstück von großer figurativer Kraft.

 

Martin Chaix: „We were right here!!“ (Uraufführung)

Antoine Jully: Rebound – Topple – Splash (Uraufführung)

Merce Cunningham: Pond Way

Amanda Miller: Crop (Uraufführung)

Regina van Berkel: Inclination (Uraufführung)

 

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Martin Chaix: „We were right here!!“ (Uraufführung)

Der Titel von Martin Chaix’ erster Choreographie für das Ballett am Rhein führt unmittelbar ins Ballettstudio. Am Tag seiner Ankunft in Düsseldorf im Herbst 2009 entdeckte der Tänzer und Choreograph die an die Wand des Ballettsaals geschriebenen Worte: „We were right here! At the right time“. In der Konzeption seines Stückes beschreibt Martin Chaix seine Auseinandersetzung mit diesen Worten. Er thematisiert das Wechselspiel zwischen Präsenz und Abwesenheit, Verankerung und Veränderung und den mal ängstlichen, mal freudvollen Umgang damit. Dieser Aspekt brachte Martin Chaix auch zu Alfred Schnittke und seinem Konzert für Chor, dessen 1. Satz der Choreograph für seine Uraufführung verwendet. Schnittke als Wanderer zwischen den Religionen und Kulturen, als Suchender seiner eigenen Identität schien ihm das ideale musikalische Gegenüber.

 

Geboren in Frankreich wurde Martin Chaix an der Ballettschule der Opéra National de Paris ausgebildet und nach seinem Abschluss ins dortige Ensemble unter der Leitung von Brigitte Lefèvre übernommen. 2006 wechselte er als Solist ans Leipziger Ballett unter der Leitung von Paul Chalmer. Für die Pariser Oper kreierte Martin Chaix 2006 seine ersten eigenen Choreographien, es folgten 2007 für das Leipziger Ballett „Lady“, „Lob der Tränen“, „Und so weiter …“ sowie 2010 für die Noverre-Gesellschaft Stuttgart „Voices“. Seit 2009 ist er Mitglied des Balletts am Rhein.

 

Musik 1. Satz aus dem Konzert für Chor von Alfred Schnittke

Choreographie Martin Chaix

Bühne Felix Aarts

Kostüme Catherine Voeffray Licht Volker Weinhart

 

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Antoine Jully: Rebound – Topple – Splash (Uraufführung)

Drei Bewegungsqualitäten sind es, die Antoine Jully in seinem Titel benennt: „Rebound“ als federnder Rückstoß, „Topple“ als unvermittelter Fall und „Splash“ als explosionsartige Ausdehnung sind Techniken, die den jungen Choreographen sowohl im Zusammenhang mit Körperschwerkraft als auch mit rhythmischer Qualität interessieren. „Rebound – Topple – Splash“ konstruiert ein Netz dreier Spielelemente – wir dürfen gespannt sein, wie uns der Choreograph damit fesselt. Zu dieser Idee wählte er bewusst keine Bühnenmusik von Igor Strawinsky, sondern ein abstraktes Werk, das sich am Stil barocker Konzerte orientiert und diesen mit neuen Auffassungen über Harmonie und Rhythmik neu interpretiert. Die Instrumentalisten treten in den drei ineinander übergehenden Sätzen solistisch hervor und korrespondieren mit dem Nebeneinander von Ensemble und Soli im Tanz, das Antoine Jully für seine Choreographien voraussetzt.

 

Ausgebildet am Conservatoire national supérieur de musique et de danse in Paris tanzte Antoine Jully u. a. im Corps de ballet der Opéra National de Paris und am Royal Ballet London, wo er auch eigene Choreographien präsentierte. 2005 engagierte Martin Schläpfer ihn in sein ballettmainz, seit 2009 ist er Mitglied des Balletts am Rhein, wo er in der Spielzeit 2011/12 mit „Inside“ seine erste Uraufführung zeigte.

 

Musik Concerto in Es „Dumbarton Oaks“ von Igor Strawinsky

Choreographie, Bühne und Kostüme Antoine Jully

Licht Volker Weinhart

 

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Merce Cunningham: Pond Way

Vor der pointillistischen, schwarz-weißen „Landscape with Boat“ von Roy Lichtenstein entfaltet sich eine

faszinierende naturhafte Bewegungswelt. Wie Algen in der Strömung des Wassers, Vögel treibend im Wind, erscheinen die Tänzerinnen und Tänzer in ihren von Suzanne Gallo kreierten weich-fließenden und mit weiten Flügeln an Armen und Beinen ausgestatteten weißen Kostümen in einem nie abreißenden Bewegungsstrom. Die 1998 in Paris uraufgeführte Choreographie „Pond Way“ zählt zu Merce Cunninghams sogenannten „Naturstudien“, ein poetisch-kontemplatives Tanzstück von großer figurativer Kraft.

 

Die Düsseldorfer Premiere gleicht einer Sensation: Wurden Cunninghams Werke bis zwei Jahre nach seinem Tod 2009 vor allem durch seine eigene Compagnie zur Aufführung gebracht, ist das Ballett am Rhein nun die erste deutsche Compagnie, die „Pond Way“ in ihr Repertoire aufnehmen kann. Als Merce Cunningham im April 2009 im Alter von 90 Jahren verstarb, endete auch eines der bedeutendsten Kapitel der Tanzavantgarde des 20. Jahrhunderts. Komponisten wie John Cage, David Tudor, Earle Brown, Walter Zimmermann, Brian Eno und Takehisa Kosugi zählten zu seinen Partnern, Bildende Künstler wie Andy Warhol, Robert Rauschenberg, Roy Lichtenstein, Robert Morris, Bruce Nauman, Jasper Johns und Mark Lancaster waren seine Mitarbeiter. In engem Austausch und doch völlig unabhängig von ihnen kreierte der amerikanische Tänzer und Choreograph Cunningham seine Werke mittels Zufallsoperationen: Unabhängig von der Musik, mit der sie lediglich die Spieldauer gemeinsam haben, unabhängig aber auch – und doch auf zugleich merkwürdige und unerklärliche Art miteinander eine Symbiose eingehend – von Bühne, Licht und Kostümen.

 

Den Tanz begriff Cunningham als räumlich-zeitliches Phänomen. Von jenem von der klassischen Danse d’école imaginierten zentralen Mittelpunkt im Bühnenraum und Tänzerkörper wollte er nichts wissen. Vielmehr ereignete und entwickelte sich für ihn – einer These Albert Einsteins folgend – Bewegung in jedem Teil des Körpers und des Raumes. Um den Tanz, die Bewegung, den Bewegungsfluss an sich ging es ihm – und um die Autonomie der einzelnen Künste.

 

Musik „New Ikebukuro“ für drei CD-Player von Brian Eno

Choreographie Merce Cunningham

Bühne Roy Lichtenstein

Kostüme Suzanne Gallo Licht David Covey

Einstudierung Andrea Weber

 

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Amanda Miller: Crop (Uraufführung)

Schon früh kristallisiert sich in Amanda Millers Biographie das Nebeneinander von klassischem Tanz und

zeitgenössischer Kunst heraus: In den frühen 80er Jahren zwischen Berlin und New York pendelnd, gehörte sie ebenso zum Corps de Ballet der Deutschen Oper Berlin wie zum Umfeld experimenteller Kunstkollektive wie COLAB. Während ihrer Zeit als Tänzerin und Resident Choreographer bei William Forsythes Ballett Frankfurt kreierte Amanda Miller 1988 das Stück „Pretty Ugly“, welches Namensgeber für ihre 1992 gegründete Compagnie wurde. Zunächst als unabhängiges Ensemble ins Leben gerufen, wurde Pretty Ugly bis 2004 am Theater Freiburg und später am Schauspiel Köln eingebunden. Dem interdisziplinären Ansatz verschrieben schaffte es die mehrfach ausgezeichnete Choreographin, Künstler aus verschiedenen Bereichen an sich zu binden. Zu diesen langjährigen Partnern gehören auch der Komponist Fred Frith und der Bühnenbildner Seth Tillett, mit denen Amanda Miller bei ihrer ersten Choreographie für das Ballett am Rhein zusammenarbeitet.

 

Die Musik ist für Amanda Miller Inspiration und Ausgangspunkt für neue Choreographien. In ihren Stücken versucht sie, die Imagination des Zuschauers anzuregen und ihn einzuladen, den Gedanken freien Lauf zu lassen. Während der Proben nutzt Amanda Miller das Mittel der Improvisation, um die Tänzer mit dem Bewegungsmaterial vertraut zu machen und es ihnen zugleich zu ermöglichen, die eigene „Stimme“ zu finden. Erst dann sind die Grundlagen für jenen Austausch geschaffen, der für ihre Proben notwendig ist: „Meine Arbeit hängt vom Dialog ab, der zwischen mir und den Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, entsteht. Kommunikation ist der grundlegende Anfangspunkt, weil wir versuchen, eine physische Sprache zu kreieren, die von allen verstanden werden kann.“

 

Musik Fred Frith

Choreographie und Kostüme Amanda Miller

Bühne und Licht Seth Tillett

 

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Regina van Berkel: Inclination (Uraufführung)

„Ich beabsichtige mit meinen Titeln, Bilder hervorzurufen und Bewusstseinsräume zu öffnen, die Fantasie anzuregen.“ Dieser Ansatz der niederländischen Choreographin Regina van Berkel ist auch im Titel ihrer neuen Arbeit für das Ballett am Rhein zu erkennen: „Inclination“, ein Begriff, der in der deutschen Übersetzung zahlreiche Bedeutungen haben kann. Nach „Frozen Echo“ und ihren Intermezzi zu Martin Schläpfers „Unleashing the Wolf“ in der Spielzeit 2010/11 zeigt Regina van Berkel mit „Inclination“ eine Uraufführung zu Alan Hovhaness‘ Streichquartett Nr. 4 „The Ancient Tree“. Mit diesem Beinamen nimmt der Komponist Bezug auf einen alten Baum im Garten seines Onkels, auf welchen er als Kind gerne kletterte und von dort die Aussicht genoss. Beginnend mit einem träumerischen Adagio und einer leichtfüßigen Fuge als Mittelteil nimmt die Komposition nach dem getragenen Beginn des 3. Satzes eine unerwartete Wendung. Der 1911 in Amerika geborene Alan Hovhaness, der u. a. Elemente armenischer und fernöstlicher Musik in seine Kompositionen integrierte, hinterließ ein außergewöhnlich großes OEuvre und ist der Tanzwelt durch mehrere Auftragskompositionen für Martha Grahams Choreographien (darunter „Ardent Song“ und „Circe“) bekannt.

 

Inspiriert von der kontemplativ-pantheistischen Atmosphäre der Musik wird sich Regina van Berkel wie vor jedem Projekt viel Zeit für die Entwicklung der Choreographie nehmen. „Ich muss die Idee reifen lassen, bis ich eine Art roten Faden für das Stück verinnerlicht habe. Diese Haltung ermöglicht mir dann, die Schritte im Studio befreit zu entwickeln, ohne dabei die Basis zu verlieren.“ Wie bereits für „Frozen Echo“ wird Regina van Berkel auch für „Inclination“ mit dem Installationskünstler Dietmar Janeck zusammenarbeiten.

 

Musik Streichquartett Nr. 4 („The Ancient Tree“) von Alan Hovhaness

Choreographie und Kostüme Regina van Berkel

Bühne und Licht Dietmar Janeck

 

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Aufführungen von b.15 im Opernhaus Düsseldorf:

Fr 12.04. 19.30 Uhr | So 14.04. 18.30 Uhr | Fr 19.04. 19.30 Uhr | So 21.04. 15.00 Uhr |

Fr 26.04. 19.30 Uhr | Sa 27.04. 19.30 Uhr | Fr 03.05. 19.30 Uhr | So 05.05. 15.00 Uhr |

Fr 10.05. 19.30 Uhr | Fr 17.05. 19.30 Uhr | Fr 07.06. 19.30 Uhr | Fr 12.07. 19.30 Uhr

 

Tickets und Informationen: Opernshops Düsseldorf und Duisburg, Tel. 0211.89 25 211,

www.ballettamrhein.de

 

 

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