Alles ist merkwürdig verschoben und verrückt, selbst die Musik. Sie kommt von einer Schallplatte, die sich nicht um ihren Mittelpunkt dreht und deshalb „schwankende“ Melodien liefert. Die Frau, die er zum Tanz bittet, glaubt er auch schon einmal gesehen zu haben, erkennt sie jedoch nicht. Ist es seine verstorbene Geliebte? Die beiden begegnen sich mehrmals, doch die entstehende Nähe wandelt sich in Distanz, die am Ende nicht mehr zu überbrücken ist. Alles was greifbar erscheint, zerfließt, das ganze Szenario versinkt.
Arnulf Herrmann vertonte kein fertiges Libretto, seine Musik und Nico Bleutges Dichtung – die Parallelen zum Mythos von Orpheus und Eurydike aufzeigt – entstanden in einem Prozess gegenseitiger Anregung. Jeder Szene gab der Komponist einen eigenen Klang, ein eigenes Text-Musik-Verhältnis, eigene Struktur und Form. Drei Szenen erscheinen mehrmals, doch nicht als Wiederholung, sondern in verschobener, dezentrierter Ähnlichkeit, gleichsam im Schwebezustand zwischen Identität und Differenz. Einige Szenen folgen musikalisch dem Prinzip des Rotierens, wie sie Gedankenbewegungen auf der Suche nach dem Erinnern auszeichnet. Andere entwickeln sich in eine bestimmte Richtung. Am Ende lösen sich Zusammenhang und Identität auf. Dafür steht die Metapher des Wassers, das vieles birgt, manches ahnen lässt, aber nichts preisgibt.
Es ist das erste Musiktheaterwerk des Heidelberger Komponisten Arnulf Herrmann (* 1968), welches das Ensemble Modern am 16. Mai 2012 im Rahmen der Münchener Biennale gemeinsam mit der Schola Heidelberg unter der Musikalischen Leitung von Hartmut Keil, Kapellmeister der Oper Frankfurt, zur Uraufführung bringt. Für die Inszenierung zeichnet Florentine Klepper verantwortlich, die seit der Spielzeit 2011/12 als Hausregisseurin am Schauspiel des Theater Basel verpflichtet ist. Ab 16. Juni 2012 wird die Inszenierung nun im Frankfurt LAB (Schmidtstraße 12) zu erleben sein.
Zu den Solisten in München wie in Frankfurt gehört die Sopranistin Sarah Maria Sun (Katja), die sich als Spezialistin für Zeitgenössische Musik einen Namen gemacht hat. Der französische Bariton Boris Grappe (Robert) kehrt nach seiner Verkörperung des Barabbas in Aulis Sallinens Barabbas-Dialogen in der Spielzeit 2010/11 nach Frankfurt zurück. Sebastian Hübner (Tenor) ist Mitglied des ebenfalls mitwirkenden Vokalensembles Schola Heidelberg, während der Knabensopran Arthur Würzebesser (Kinderstimme; vom Band) bereits als Kronprinz Rudolf im Musical Elisabeth zu erleben war.
WASSER
Musiktheater in 13 Szenen von Arnulf Herrmann (* 1968)
Text von Nico Bleutge
In deutscher Sprache
Musikalische Leitung: Hartmut Keil
Inszenierung: Florentine Klepper
Bühnenbild: Adriane Westerbarkey
Kostüme: Anna Sofie Tuma
Licht: Frank Keller
Video: Heta Multanen
Dramaturgie: Norbert Abels
Klangregie: Norbert Ommer
Einstudierung Vokalensemble Schola Heidelberg: Walter Nußbaum
Live Elektronik / Software: Josh Martin
Robert: Boris Grappe
Katja: Sarah Maria Sun
Tenor: Sebastian Hübner
Kinderstimme (vom Band): Arthur Würzebesser
Vokalensemble Schola Heidelberg; Ensemble Modern
Ein Kompositionsauftrag des Ensemble Modern, finanziert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung
Eine Koproduktion von Ensemble Modern, Oper Frankfurt und Münchener Biennale,
in Zusammenarbeit mit dem Studio für Elektroakustische Musik der Akademie der Künste Berlin
Produziert im Frankfurt LAB
Weitere Vorstellungen: 17., 19., 20., 23., 24. Juni 2012
Falls nicht anders angegeben, beginnen diese Vorstellungen um 19.30 Uhr
Preise: € 12 bis 45 (12,5% Vorverkaufsgebühr nur im externen Vorverkauf)
Karten sind bei den bekannten Vorverkaufsstellen, im Telefonischen Vorverkauf 069 – 212 49 49 4 oder online unter www.oper-frankfurt.de erhältlich