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Festival Internationale Neue Dramatik FIND 2022, Schaubühne am Lehniner Platz Berlin

31. März – 10. April 2022

Seit 2000 bietet das Festival Internationale Neue Dramatik (FIND) jedes Jahr international renommierten Theatermacher_innen, aber auch zahlreichen Neuentdeckungen die Möglichkeit, ihre Arbeiten an der Schaubühne zu zeigen. Das FIND bringt so nicht nur alljährlich neues Theater aus den unterschiedlichsten Sprach- und Kulturräumen zum ersten Mal nach Berlin, sondern hat sich im Laufe der Zeit zu einem Panorama der wichtigsten Inszenierungen des weltweiten Theaterschaffens entwickelt – immer dem Grundgedanken der Entdeckung neuer theatraler Formen und Texte verpflichtet –, seien es neu geschriebene Stücke oder prozesshaft bei den Proben entwickelte Aufführungen.

 

Copyright: Schaubühne Berlin

Nachdem sich die vergangene Edition durch die pandemie­ bedingten Einschränkungen auf Europa konzentrierte, wird das Festival nun wieder neue Werke auch aus weiteren Teilen der Welt zeigen. Besondere Aufmerksamkeit widmet die diesjährige Aus­gabe dabei den »Amerikas«, von Kanada über die USA bis nach Chile. Außerdem zeigen wir Werke aus Frankreich und Belgien.

Artist in Focus: Robert Lepage
Im Zentrum steht diesmal der kanadische Theaterregisseur, Autor, Schauspieler und Filmemacher Robert Lepage (Québec). Nach inzwischen jahrzehntelanger Abwesenheit im Theaterleben dieser Stadt ist er erstmals wieder auf einer Berliner Bühne zu erleben.

Lepages Werk ist in seiner umfassenden Ausschöpfung der theatralen Mittel einzigartig und prägend für mehrere Generationen von Theaterschaffenden. Sein Werk verbindet Spielfreude und Humor mit Tragik und profunder Reflexion sowie atemberaubende Bildgewalt mit einer streng durchdach­ten Ökonomie der dramaturgischen und szenischen Mittel. Beim FIND kann das Publikum zwei legendäre Inszenierungen aus unterschiedlichen Arbeitsperioden des Regisseurs live erleben. So ermöglichen wir einen intensiven Einblick in sein Schaffen.

Zum ersten Mal in Berlin zu sehen ist eines von Lepages jüngsten Werken, das Monodrama »887«. Lepage, selbst Darsteller auf der Bühne, unternimmt darin eine gleichermaßen berührende wie überraschende Reise in sein eigenes Gedächtnis. Das individuelle Wiedererleben der Kindheit und ihrer Wende­punkte wird zur universellen und zugleich komischen Reflexion über die Mechanismen der Erinnerung: ihre Risiken, Nebenwir­kungen und Fallstricke. Dabei beleuchtet Lepage zugleich den gemeinsamen Urgrund von Gedächtnis und Theater.

In »The Seven Streams of the River Ōta«, entstanden zwischen 1994 und 1996, erweckt Lepage für das FIND ein Meisterwerk seiner frühen Jahre wieder zum Leben. Die titelgebenden sieben Arme des japanischen Ōta-­Flusses verkörpern sich in sieben Geschichten, die die großen Plagen der Menschheit im halben Jahrhundert von 1945 bis 1995 vorführen: vom Atombombenabwurf in Hiroshima bis zur AIDS­-Epidemie und den viralen Bedrohungen des ausgehenden Millenniums.

Über die Aufführungen in der Schaubühne hinaus erscheint Robert Lepage durch weitere Veranstaltungen in seinen verschiedenen Facetten, insbesondere als Filmemacher.

Internationales Panorama

In »Until the Flood« erforscht Dael Orlandersmith (St. Louis) auf der Basis von Interviews mit den Bewohner_innen von Ferguson, Missouri, die Hintergründe der Unruhen nach der Erschießung des Jugendlichen Michael Brown. Das von ihr selbst performte Resultat der Recherchen erforscht die komplexen Mechanismen von Rassismus und Macht in den heutigen USA. Ebenfalls auf Grundlage eines Dokuments – dem wörtlichen Transkript eines FBI­-Verhörprotokolls bei der Verfolgung eines Datenleaks – entwickelt Tina Satter (New York) in »Is This A Room« ein packendes und zugleich gespenstisches Porträt einer 25-­jährigen Whistleblowerin und staatlicher Repression.

Zu Gast beim FIND ist zudem erneut die Belgierin Anne-Cécile Vandalem (Brüssel): In »Kingdom« wird für eine Familie die neue Heimat abseits der Zivilisation zur Hölle.

Nicht minder dystopisch beginnt das neue Stück von Caroline Guiela Nguyen (Paris): In »FRATERNITÉ, Conte fantastique« treffen sich die Überlebenden einer Sonnenfinster­nis, bei der die Hälfte der Menschheit verschwunden ist, in einem »Zentrum für Sorge und Trost«. Dort bilden sie eine utopische Gemeinschaft und helfen einander, mit dem Verlust umzugehen.

Im Studio der Schaubühne wird mit »L’Aventure invisible« zudem die neueste Produktion von Marcus Lindeen (Paris/ Stockholm) zu sehen sein, der sich anhand dreier realer und
in ihrer Ungewöhnlichkeit doch vermeintlich an den Grenzen des Fantastischen angesiedelter Fallgeschichten mit Fragen über Identität, Tod und Transformation beschäftigt.
Neue Dramatik an der Schaubühne

Mit der Koproduktion »Oasis de la Impunidad« setzt die Schaubühne ihre langjährige Zusammenarbeit mit dem chileni­schen Regisseur und Autor Marco Layera (Santiago de Chile) fort. In seiner neuesten Produktion, die beim FIND ihre inter­nationale Premiere feiert, setzt er sich mit seiner Kompanie Teatro La Re­sentida mit der revolutionären Bewegung in Chile im Jahr 2019 und der Wirkung von Gewalt auf der Straße und der Bühne auseinander: Wie wird Gewalt als Disziplinierung in Körper eingeschrieben – und wie lange kann sich staatliche Gewalt in einer Oase der Straflosigkeit frei entfalten, bis geschundene Körper sich in einem Ausbruch zur Wehr setzen?

Um die Wechselwirkungen zwischen weiblichem Begehren und normierten Geschlechterrollen geht es in »Erinnerung eines Mädchens«, einer Adaption von Annie Ernaux’ Text. Die erste Regiearbeit von Sarah Kohm (Berlin) feiert im Studio ihre Premiere.

Aus dem Repertoire ist Maja Zades neuestes Stück »reden über sex« in der Inszenierung von Marius von Mayenburg (Berlin) zu sehen.

Diskursiv begleitet wird das künstlerische Programm durch Podiumsdiskussionen: In einer Gesprächsrunde zum Thema Whistleblowing berichtet Lisa Kretschmer von Reporter ohne Grenzen über ihre Erfahrungen und den Kampf zum Schutz von Bürgerrechtler_innen, die zu Verräter_innen kriminalisiert werden.

Außerdem ist am zweiten Festivalsonntag in diesem Jahr wieder eine Ausgabe des Streitraum Teil vom FIND: Unter dem Motto »Black Lives Matter – nicht nur irgendwann und woanders, sondern hier und jetzt« knüpft Carolin Emcke thematisch an die Produktion »Until the Flood« an und diskutiert unter anderem mit dem Aktivisten und Sprecher der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland, Tahir Della, sowie der Frankfurter Journalistin Hadija Haruna­-Oelker über Diskriminierung und anti­-Schwarzen Rassismus in Deutschland.

Programmüberblick

Donnerstag, 31. März
19.00 – 20:10: Is This A Room
20.30 – 22.30: reden über sex

Freitag, 1. April
18.00 – 19.10: Is This A Room
20.00 – 22.00: reden über sex
20:30 – 22.00: Oasis de la Impunidad

Samstag, 2. April
15.30 – 22.40: The Seven Streams of the River Ōta
17.00 – 18.30: Oasis de la Impunidad
19.00 – 21.00:  reden über sex

Sonntag, 3. April
14.00 – 16.00: Podiumsgespräch: »Whistleblowing«
15.30 – 22.40: The Seven Streams of the River Ōta
17.00 – 18.30: Oasis de la Impunidad
21.00 – 22.30: reden über sex
21.30 – 23.00: Oasis de la Impunidad

Montag, 4. April
19.30 – 22.40: FRATERNITÉ, Conte fantastique

Dienstag, 5. April
19.30 – 22.40: FRATERNITÉ, Conte fantastique
20.00 – 21.15: L’Aventure invisible

Mittwoch, 6. April
18.00 – 19.15: L’Aventure invisible
20.00 – 21.10: Until the Flood
21.30 – 22.45: L’Aventure invisible

Donnerstag, 7. April
20.00 – 21.10: Until the Flood
Freitag, 8. April
19.00 – 20.10: Until the Flood
20.30 – 22.30: 887

Samstag, 9. April
12.00 – 13.40: The Confessional | Eva Lichtspiele
15.00 – 16.45: La Face cachée de la Lune  | Eva Lichtspiele
18.00 –20.00: 887
20.30 – 22.10: Kingdom
21.00: Erinnerung eines Mädchens

Sonntag, 10. April
12.00 – 14.00: Streitraum: »Black Lives Matter –
nicht nur irgendwann und woanders, sondern hier und jetzt«
18.00 – 19.40: Kingdom
20.00 –22.00: 887
20.30: Erinnerung eines Mädchens

 

 

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