Die Vier Temperamente zur Auftragskomposition von Paul Hindemith ist sowohl ein Meilenstein der
Tanzgeschichte des 20. Jahrhunderts als auch ein Schlüsselwerk im Oeuvre von George Balanchine.
Dieser so bedeutende Choreograph, den man zu Recht als Vater des neoklassischen Balletts bezeichnet, schuf das Stück 1946 für die gerade von ihm und Lincoln Kirstein gegründete Ballet Society. Zwei Jahre später wurde aus dieser kleinen Compagnie das New York City Ballet, welches Die
Vier Temperamente bis heute im Repertoire hat. Balanchines innovativer Umgang mit der Bewegungssprache des klassischen Balletts geht hier einen Schritt weiter als bei seinen
vorangegangenen Arbeiten und verweist auf künftige Werke. Er gab dem klassischen Tanz eine ganz
neue Form und war dabei hochmusikalisch. Die ‚Vier Temperamente‘ sind tänzerischer und
musikalischer Ausdruck der alten Vorstellung, dass der menschliche Organismus aus vier verschiedenen Körpersäften oder Temperamenten zusammengesetzt ist. In jedem von uns sind diese
vier Körpersäfte vorhanden, doch in verschiedenem Maße, und die jeweilige Dominanz von einem
ergibt einen bestimmten physischen und psychischen Typus - den Typus des Melancholikers, des
Sanguinikers, des Phlegmatikers oder des Cholerikers“, beschrieb Balanchine den Inhalt seines
Werkes. Ballettintendant Reid Anderson holte dieses herausragende Ballett 1996 ins Repertoire des
Stuttgarter Balletts.
Vor 10 Jahren, in der Spielzeit 2002/03, zeigte das Stuttgarter Ballett zum ersten Mal Dances at a
Gathering und hatte damit die große Ehre, die erste deutsche Compagnie zu sein, die dieses Werk
tanzen durfte. Die Uraufführung dieses Glanzstückes von Jerome Robbins fand 1969 am New York
City Ballet statt. Mit seiner nostalgischen Schönheit und der anmutigen Bewegungssprache zur
melancholischen und lebensfrohen Musik von Frédéric Chopin wurde Dances at a Gathering häufig
als Antwort auf die Unruhen in den USA der 60er Jahre gewertet. Robbins selbst bezeichnete das Stück als seine „Hymne auf den Tanz“ und als Werk über „meine Liebe und Verbundenheit mit den
Menschen.“
Als eine der international bedeutendsten tänzerischen Umsetzungen von Igor Strawinskys Le Sacre
du Printemps gilt die Choreographie von Glen Tetley. Seit 1976 ist das Stück des damaligen
Stuttgarter Ballettdirektors (1974-76) fester Bestandteil des Repertoires des Stuttgarter Balletts. Am
28. Mai 1913 fand die Uraufführung von Igor Strawinskys Komposition Le Sacre du Printemps (Das
Frühlingsopfer) in der Choreographie von Waslaw Nijinsky im Théâtre des Champs-Elysées in Paris
statt. Strawinskys monumentale, explosive Musik, gepaart mit Nijinskys atavistischer, wilder
Choreographie, sorgten für einen der größten Theaterskandale des 20. Jahrhunderts. Einhundert
Jahre später hat Strawinskys Musik kein bisschen ihrer Wucht und ekstatischen Schönheit verloren.
Viele Choreographen haben sich nach Nijinsky von Strawinskys Musik inspirieren lassen, neben Glen
Tetley zum Beispiel Mary Wigman, Kenneth MacMillan, Maurice Béjart und Pina Bausch. Zum 100.
Jubiläum von Strawinskys meisterhafter Komposition verneigt sich das Stuttgarter Ballett gleichzeitig vor zwei genialen Künstlern des 20. Jahrhunderts: vor dem Komponisten Igor Strawinsky
und dem Choreographen Glen Tetley.
Die Vier Temperamente
Choreographie George Balanchine Musik Paul Hindemith: Thema mit vier Variationen für Klavier und
Streichorchester, The Four Temperaments Kostüme nach Kurt Seligmann Uraufführung 20. November
1946, Ballet Society, New York Erstaufführung beim Stuttgarter Ballett 5. Dezember 1996
Dances at a Gathering
Choreographie Jerome Robbins Musik Frédéric Chopin Kostüme Joe Eula Licht Jennifer Tipton
Uraufführung 8. Mai 1969, New York City Ballet Deutsche Erstaufführung beim Stuttgarter Ballett 29.
November 2002
Le Sacre du Printemps
Choreographie Glen Tetley / © Glen Tetley Legacy Musik Igor Strawinsky: Le Sacre du Printemps
Bühnenbild und Kostüme Nadine Baylis Uraufführung 18. April 1974, Bayerische Staatsoper Erstaufführung beim Stuttgarter Ballett 14. April 1976
Musikalische Leitung Sian Edwards
Weitere Vorstellungen im Opernhaus 24. April / 18. / 19. / 23. / 25. / 29. Mai / 13. / 16. (nm/abd) /
21. Juni 2013
Karten
Theaterkasse der Staatstheater Stuttgart,
Königstr. 1B (Theaterpassage), 70173 Stuttgart (Mo.-Fr. 10-19 Uhr, Sa. 10-14 Uhr)
Kartentelefon unter Tel.: 0711 / 20 20 90 (Mo-Fr 10-20 Uhr und Sa 10-18 Uhr)
oder online unter www.stuttgarter-ballett.de